Donnerstag, 17. Juni 2010

Mädchenmörder (Thea Dorn)

Ein Psychopath bringt junge Mädchen um. Eines davon überlebt, indem es vom Täter auf seiner Flucht quer durch Europa freigelassen wird, kurz bevor er in Italien gestellt wird. Dieses Mädchen erzählt danach ihre Geschichte. Um einerseits die Erinnerungen loszuwerden und andererseits um viele "in den Medien verbreitete Lügen" zu korrigieren.... Diese Schilderung ist äußerst heftig, man braucht vor allem bei den ersten Seiten sehr gute Nerven, um keine Albträume zu bekommen. Man spürt die Schmerzen und die Qual des Mädchens, das zunächst in einem mit Folterinstrumenten ausgestatteten Keller festgehalten wird, fast am eigenen Leib, obwohl sie meistens nur indirekt angesprochen werden.

Als der Täter zufällig ins Visier der Ermittler gerät, in dessen Wohnung aber keinerlei Anhaltspunkte für ein Verbrechen findet, bekommt dieser Panik, bringt fast alle Mädchen um und verläßt mit dem Opfer, das den Bericht schreibt, als Geißel das Haus. Kaum in Frankreich möchte er sich auch dieser entledigen, scheitert aber. Danach nimmt sie ihn mit auf seinem blutigen Weg durch Europa, bei dem noch einige Frauen ihr Leben lassen müssen.

Nach und nach wird klar, was für ein Typ der Täter ist und welche Motivation ihn antreibt. Irgendwann hört
der Bericht auf, als gerade eine Nonne entführt werden soll und es beginnt ein zweiter Teil des Buches, das persönliche Briefe des Opfers an den Täter erhält. Im Epilog schließt sich dann endlich der Kreis.

Fazit: Dieses Buch ist äußerst heftig, massiv spannend und man mag es kaum aus der Hand legen, bis man am Ende angelangt ist. Eine äußerst perfide und total gelungene Darstellung des sogenannten Stockholmsyndroms.... daß es letzten Endes um genau dieses Syndrom geht, erkennt man erst in den letzten Seiten der korrigierenden Schilderung, kurz bevor das Kapitel mit den Briefen beginnt. Macht auf alle Fälle Lust auf mehr Romane der Autorin! 4 Sterne.

Infos zum Buch:
  • Titel: Mädchenmörder
  • Autorin: Thea Dorn
  • Genre: Psychothriller
  • Verlag: Goldmann
  • ISBN: 978-3-442-47156-0
  • Preis: € 8.95 (Taschenbuch)

Schlaf nicht, wenn es dunkel wird (Joy Fielding)

Ein neuer Thriller von Joy Fielding. Verspricht wieder einmal großartige Spannung und ein nicht absehbares Ende. Um was geht es? Eine alleinlebende ungefähr 40jährige Krankenschwester (Terry) hat ein Gartenhäuschen, das sie vermieten möchte - nicht des Geldes wegen, sondern um weniger einsam zu sein.

Die bisherige Mieterin ist angeblich vor etlichen Monaten spurlos verschwunden, ohne die letzten Monatsmieten zu bezahlen. Eine erneuter Versuch, einen Mieter in das Häuschen aufzunehmen, läßt die Wahl auf eine Anfang-20jährige fallen, die von Anfang an fast befremdlich überschäumend auf alles reagiert, was Terry macht, sagt oder denkt. Langsam, von der jungen Mieterin forciert und von Terry misstrauisch beobachtet, wächst eine Freundschaft zwischen den beiden.

Das Misstrauen von Terry der Mieterin Alison gegenüber wird zunächst mit den schlechten Erfahrungen von Terry mit der Vormieterin begründet. Nach und nach gibt es noch mehr Gründe - kleine Lügen von Alison und das Auftauchen ihres Exmannes, der sich extrem rüpelhaft verhält. Langsam spitzen sich die Ereignisse zu, bis es zu einem überraschenden Finale kommt...

Wie bei Joy Fielding zu erwarten, ist das Ende erst auf den letzten Seiten zu erahnen und es sieht ganz anders aus, wie alles, was man zuvor erraten hätte können...

Was mir bei diesem Buch allerdings fehlte, war die Spannung bis hin zum Ende. Alles ist sehr subtil, ein wirklich greifbarer Grund für das Misstrauen gibt es nicht, das Gefühl, daß Alison etwas Großes vor Terry verbirgt, gibt es auch nicht.... eher zäh zu lesen also; das einzige, was mir Anlaß zum Zweifel an Alison gab, ist deren Überschwänglichkeit und daß sie sich förmlich in Terrys Leben drängt. Durch das Ende wird man für diese zähe Phase mehr als entschädigt.

Der deutsche Titel ist zudem in meinem Augen sehr schlecht gewählt: er hat keinen erkennbaren Zusammenhang zum Inhalt. Besser trifft es der Originaltitel: "Whispers and Lies".

Fazit: Ein spannendes Buch, das zunächst zwar zäh zu lesen ist, aber am Ende ein großartiges und auch vom Warten auf etwas Besonderes befreiendes Finale bietet. 4 Sterne.

Infos zum Buch:

  • Titel: Schlaf nicht, wenn es dunkel wird
  • Autor: Joy Fielding
  • Genre: Psychothriller
  • Verlag: Goldmann
  • ISBN: 978-3-42-46173-8
  • Preis: € 9.95 (Taschenbuch)

Laienspiel (Volker Klüpfel und Michael Kobr)

Kluftingers vierter Fall! Endlich wieder das Vergnügen, den kauzigen Allgäuer Kommissar bei der Fallermittlung zu begleiten! Diesmal mit einem zwar recht kruden Thema - Terrorismus im Allgäu. Weit hergeholt, dachte ich zunächst - aber sehr gut umgesetzt; auch mit Bezug darauf, daß man mit Terror im Allgäu nie rechnen würde...

Ermittelt wird diesmal in Kooperation mit dem BKA (was Kluftinger nicht sonderlich behagt) und mit den Österreichern (was ihm noch viel weniger paßt). Nette Sprüche und typische Auftritte von Kluftinger, seiner Geliebten und natürlich (!) dem Ehepaar Langhammer machen das Lesen leicht...

Vor allem die Nebenschauplätze, also die Tanzstunden mit Langhammers und die Proben für das Altusrieder Freilichtspiel machen das Buch so lesenswert .... und lassen mich mit Vorfreude auf das Erscheinen des neuesten Kluftingers warten.

Fazit: Netter, lustiger, gut geschriebener und durchdachter Krimi mit viel Allgäuer Lebensart! Da das aber sicher nicht jedermanns Fall ist, fehlt ein halber Stern zur Maximalpunktzahl. 4.5 Sterne.

Infos zum Buch:
  • Titel: Laienspiel
  • Autoren: Volker Klüpfel und Michael Kobr
  • Genre: Krimi
  • Verlag: Piper
  • ISBN: 978-3-492-25482-3
  • Preis: € 8.95 (Taschenbuch)

Hier stehe ich, ich kann nicht anders (Helge Hesse)


Mit einer Sammlung bekannter Sprüchen der Weltgeschichte, beginnend bei den "alten Griechen" bis hin zur "Achse des Bösen" führt dieses Buch mit Erläuterungen zur Entstehung des jeweiligen Zitats durch über 2000 Jahre.

Die Zusammenhänge sind dabei sehr ausführlich geschildert, so daß man wirklich einen Einblick bekommt in die jeweilige Epoche. Das Buch dient auch dazu, Interesse an einer bestimmten Zeit zu wecken - zumindest hat es das bei mir.

Ein gewisses geschichtliches Interesse und gewisse Grundkenntnisse sollten allerdings vorhanden sein - ansonsten sind manche Schilderungen nur bedingt nachzuvollziehen. Schön ist, daß auch mit zahlreichen Vorurteilen aufgeräumt wird - so gibt es Sprüche, deren allgemein bekannte überlieferte Entstehungsgeschichte falsch ist. Angenehm fand ich auch die manchmal sarkastische und sehr direkte Schilderung irgendwelcher Abläufe.

Gut fand ich auch, daß die Quellen zu den einzelnen Zitaten am Ende des Buches zusammengefasst wurden und nicht direkt im Text - so wird der Lesefluß nicht unnötig gestört.

Fazit: Ein absolut lesenswertes Buch, daß sich aufgrund der kurzen Kapitel auch für Wenig-Leser anbietet bzw. als Lektüre für Bus-/S-Bahnfahrten oder als kurze Geschichten zum Einschlafen. Egal, wo und wann man liest, man lernt auf alle Fälle eine Menge dazu. Klare 5 Sterne.

Infos zum Buch:
  • Titel: Hier stehe ich, ich kann nicht anders (In 80 Sätzen durch die Weltgeschichte)
  • Autor: Helge Hesse
  • Genre: Geschichte, Sachbuch
  • Verlag: Piper
  • ISBN: 978-3-492-25127-3
  • Preis: € 9.95 (Taschenbuch)


Mittwoch, 16. Juni 2010

Das erfundene Mittelalter (Herbert Illig)

"Hat Karl der Große je gelebt?" lautet der Untertitel dieses Buches. Ein Sachbuch, daß sich gestützt auf viele wissenschaftliche Veröffentlichungen mit der Behauptung beschäftigt, daß es ca. 300 Jahre in unserer Zeitrechnung nicht gegeben haben soll. Am Anfang liest sich dieses Buch sehr spannend und dadurch auch schnell. Die Belege scheinen stimmig ineinander zu greifen... Nach ca. einem Drittel des Buches wird die Methode des Authors allerdings allzu durchsichtig: es werden gezielt Quellen gesucht, die sich widersprechen und aus diesen auch nur die entsprechenden Stellen verwendet.

Natürlich gibt es Quellen, die sich widersprechen - die gibt es sogar auch bei neuerer Geschichte. Siehe hierzu z.B. auch meine Rezension zum Buch von Rochus Misch: es gibt mit Sicherheit mehr als 100 Versionen der letzten Tage des dritten Reichs im Führerbunker oder drum herum, die sich zum Großteil widersprechen - ist das Beleg genug, zu behaupten, diese Zeit hätte auch nicht stattgefunden und das 3. Reich hätte in Wirklichkeit bereits einen Monat früher aufgehört zu existieren?

Der Author verwendet auch noch eine andere Methode, um zu beweisen, daß Karl der Große nie existiert haben soll: viele Quellen v.a. aus späterer Zeit, auf die der Author sich beruft, überhöhen die Figur Karls des Großen und dichten ihm so ziemlich JEDE Entwicklung an, die in dieser Zeit stattgefunden haben soll. Natürlich ist diesen Quellen mit Vorsicht zu begegnen, schließlich gibt es mehr Quellen aus mittelalter- oder auch neuzeitlichen Epochen, in denen historische Figuren überhöht werden.

Dennoch ist es ein Buch bzw. ein Thema, mit dem man sich beschäftigen sollte und die Gedankenansätze des Authors sind auch sehr interessant - allerdings erinnert mich das ganze eher an einen Verschwörungstheorieroman, ähnlich denen die Dan Brown veröffentlicht hat oder diejenigen, die sich mit einer Päpstin Johanna beschäftigen. Von diesen unterscheidet das Buch von Illig lediglich die (scheinbar) fundierte Quellenarbeit.

Fazit: Ein lesenswertes Buch, allerdings sollte man mit wachem Verstand an dieses Buch gehen und überlegen, wo Aussagen stimmig sind und wo nicht. Mir erscheint die Behauptung, daß UMFASSEND(!!) 300 Jahre Geschichte erfunden worden sein sollen, logistisch unmöglich. 2 Sterne.

Infos zum Buch:
  • Titel: Das erfundene Mittelalter
  • Autor: Heribert Illig
  • Genre: Geschichte
  • Verlag: ullstein
  • Jahr: 2004
  • ISBN: 978-3-548-36429-2
  • Preis: € 12.95 (Taschenbuch)

Aus die Maus (Christian Sprang und Matthias Nöllke)

Ein Buch mit Todesanzeigen... ungewöhnliche Idee! Neugierig geworden und aufgrund der Tatsache, daß ich Todesanzeigen sowieso schon immer interessant finde, habe ich das Buch von Sprang und Nöllke für eine Zugfahrt am Bahnhof mitgenommen.

Eigentlich mag ich diese Art Bücher nicht so sehr, da man sie meistens nur einmal anschauen kann (von "Lesen" mag ich in diesem Zusammenhang nicht reden) und man nach 2 Stunden damit fertig ist - sprich das "Preis-Leistungs-Verhältnis" ist eher schlecht.

Nimmt man das allerdings in Kauf, und legt knappe 8 EUR für dieses Buch auf den Ladentisch, wird man nicht enttäuscht. Die Auswahl der Anzeigen ist wirklich originell und nur wenige davon sind den erwarteten Tipp- oder Grammatikfehler gewidmet. Die meisten sind einfach nur zum Lachen.

Eingeteilt in verschiedene Kapitel (z.B. Anzeigen, die den Beruf des Verstorbenen zum Inhalt hatten o.ä.) fiel mir v.a. ein Kapitel ins Auge und regte mich herzlich zum Lachen an: Das Kapitel 7 mit den sogenannten Hassanzeigen.

Dort finden sich Anzeigen von Toten mit Übertiteln wie "jetzt wird gefeiert" oder mit der Beschreibung des Verstorbenen als "Die Personifizierung geistigen Hochmuts und menschlichen Versagens". Auch die anderen Kapitel, die beispielsweise Selbstanzeigen oder Trauer wg. Tieren, sind äußert spaßig.

Fazit: Letzten Endes eine sehr gelungene Sammlung, die mit entsprechenden Einmerkzetteln versehen, auch auf jeder Party für Gelächter sorgen kann. Gratulation an die beiden Sammler! 4.5 Sterne.


Infos zum Buch:
  • Titel: Aus die Maus (Ungewöhnliche Todesanzeigen)
  • Autor: Christian Sprang, Matthias Nöllke
  • Genre: Sachbuch
  • Verlag: KiWi
  • Jahr: 2009
  • ISBN: 978-3-462-04157-6
  • Preis: € 7,95 (Taschenbuch)

Der Trakt (Arno Strobel)


"Stell Dir vor, dein Mann sagt, er hat dich noch nie gesehen, und die Leute sagen, du hast nie ein Kind gehabt. Wem kannst Du trauen, wenn niemand dir glaubt?" lautet der Klappentext des Psychothrillers von
Arno Strobel. Liest sich sehr spannend, erinnerte mich aber stark an ein ähnliches Buch von Joy Fielding. Gekauft habe ich es mir erst nachdem ich 3- oder 4-mal daran vorbeigelaufen bin und ein anderes Buch bevorzugt hatte.

Beim Lesen hab ich schon nach den ersten Seiten geahnt, wie die Geschichte ausgeht. Vermutlich genau deswegen, weil das Fielding-Buch eben sehr ähnlich war. Vorprogrammierte Langeweile, könnte man also denken - ABER nichtsdestotrotz war das Buch sehr spannend und es gab dann doch noch einige, wenn auch nur nebensächliche Überraschungen am Ende (wer ist gut, wer böse?). Irgendwie war ich trotz der Absehbarkeit der Geschichte so gefesselt, daß ich es in einem Tag gelesen hatte.

Fazit: kurzweilige Unterhaltung, spannend und für die, die das Buch von Fielding nicht kennen, auf alle Fälle SEHR empfehlenswert. 4 Sterne.

Infos zum Buch:
  • Titel: Der Trakt
  • Autor: Arno Strobel
  • Genre: Thriller
  • Verlag: Fischer
  • Jahr: 2010
  • ISBN: 978-3-596-18631-0
  • Preis: € 8,95 (Taschenbuch)